Wenn Äste, Zweige oder Wurzeln vom Nachbargrundstück in den eigenen Garten hineinragen, ist der Ärger oft groß. Wer muss schneiden, wer darf etwas entfernen, und wann ist Geduld gefragt? Damit Nachbarschaft und Gartenfrieden gewahrt bleiben, lohnt es sich, die aktuellen Regeln zum Überhang schneiden (Stand 2025) zu kennen. Hier erfährst du klar und einfach, was erlaubt ist, was nicht – und wie du Konflikte vermeidest.
Warum es Regeln zum Überhang gibt
Grenzen im Garten sind nicht nur Linien auf dem Plan, sondern auch rechtliche Trennungen zwischen Eigentum und Verantwortung. Wenn Pflanzen über diese Grenze wachsen, spricht man von einem Überhang. Das betrifft Äste, Zweige oder sogar Wurzeln, die in ein anderes Grundstück hineinragen oder dort Schäden verursachen.
Ziel der gesetzlichen Regelung ist, dass keiner durch das Wachstum des anderen beeinträchtigt wird, gleichzeitig aber auch keine voreiligen Eingriffe stattfinden, die Pflanzen oder Bäume gefährden könnten.
Wer ist für den Rückschnitt verantwortlich
Grundsätzlich gilt: Der Eigentümer der Pflanze ist für ihren Rückschnitt verantwortlich. Wenn also dein Baum auf deinem Grundstück steht, du aber merkst, dass seine Äste über den Zaun ragen, bist du verpflichtet, ihn regelmäßig zu pflegen und die Grenze einzuhalten.
Allerdings darf dein Nachbar nicht einfach ohne Ankündigung losschneiden – hier greifen bestimmte rechtliche Schritte.
Rechte des Nachbarn bei Überhang
Nach deutschem Recht (§ 910 BGB, Stand 2025) darf der Nachbar überhängende Äste oder Wurzeln entfernen, wenn:
- sie auf sein Grundstück hinüberragen und
- sie ihn tatsächlich beeinträchtigen (z. B. durch Schatten, Laub, Wurzelschäden, Tropfwasser).
Aber:
- Vor dem Schneiden muss der Eigentümer informiert werden.
- Der Eigentümer bekommt eine angemessene Frist, um selbst zu handeln.
- Erst wenn keine Reaktion erfolgt, darf der Nachbar selbst tätig werden.
Diese Regelung schützt beide Seiten – Eigentümer und Nachbarn – vor überstürzten oder unangemessenen Maßnahmen.
Pflichten des Eigentümers
Als Gartenbesitzer hast du die Pflicht, Pflanzen so zu pflegen, dass sie nicht in fremdes Eigentum hineinwachsen oder Schaden anrichten. Dazu gehört:
- Regelmäßiger Rückschnitt von Hecken, Bäumen und Sträuchern
- Kontrolle auf Wurzelüberwuchs bei größeren Bäumen
- Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzabstände
Wird eine solche Pflicht dauerhaft vernachlässigt, kann der Nachbar im schlimmsten Fall auf Rückschnitt bestehen oder Schadenersatz verlangen.
Rückschnitt von Hecken und Bäumen
Der Rückschnitt ist besonders sensibel, weil viele Pflanzen unter Schutz stehen. Deshalb ist nicht jeder Zeitpunkt erlaubt.
Schnittzeiten laut Bundesnaturschutzgesetz
Zwischen 1. März und 30. September ist kein starker Rückschnitt oder Rodung erlaubt, da in dieser Zeit viele Vögel brüten.
Erlaubt sind aber:
- schonende Pflegeschnitte
- das Entfernen einzelner überhängender Zweige, sofern keine Nester betroffen sind
Größere Arbeiten sollten daher im Herbst oder Winter geplant werden.
Tipp aus der Praxis
Wenn du deinen Nachbarn freundlich informierst, bevor du schneidest oder um Rückschnitt bittest, vermeidest du Missverständnisse. Viele Konflikte entstehen nur durch fehlende Kommunikation.
Unterschied zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz
Deutschland
Hier gilt das Bundesrecht (BGB §910), ergänzt durch Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer. Diese können zusätzliche Details regeln, etwa Fristen oder die Art des Rückschnitts.
Österreich
In Österreich dürfen überhängende Äste und Wurzeln nach § 422 ABGB entfernt werden, wenn sie eine wesentliche Beeinträchtigung darstellen. Auch hier sollte der Eigentümer vorher informiert werden.
Schweiz
In der Schweiz regelt ZGB Art. 687, dass der Nachbar zum Rückschnitt auffordern darf. Erfolgt keine Reaktion, darf er selbst schneiden – aber nur bis zur Grenze und ohne die Pflanze zu gefährden.
Wann ist ein Rückschnitt unverhältnismäßig
Nicht jeder Überhang rechtfertigt gleich den Griff zur Schere. Wenn die Beeinträchtigung nur minimal ist – etwa einige wenige Blätter oder Schattenwurf – kann der Eingriff als unverhältnismäßig gelten. In solchen Fällen wird empfohlen, eine einvernehmliche Lösung zu suchen.
Gerade bei alten Bäumen, die ortsbildprägend oder naturschutzwürdig sind, ist Vorsicht geboten. Hier kann die Gemeinde oder ein Fachbetrieb beraten.
Umgang mit Wurzeln auf dem Nachbargrundstück
Wurzeln, die sich über die Grenze hinaus ausbreiten, können Platten anheben oder Leitungen beschädigen. Auch hier gilt: Der Nachbar darf sie abschneiden, aber nur,
- wenn sie ihn beeinträchtigen, und
- wenn dadurch der Baum nicht gefährdet wird.
Im Zweifel sollte ein Fachgärtner oder Baumexperte beurteilen, wie tief und wie viel geschnitten werden darf.
Praktische Tipps für eine gute Nachbarschaft
- Vorher reden: Sag Bescheid, bevor du etwas schneidest.
- Dokumentieren: Mach Fotos, wenn du Beeinträchtigungen festhältst.
- Fachgerecht schneiden: Bei großen Bäumen besser einen Baumpfleger beauftragen.
- Pflege regelmäßig planen: So vermeidest du, dass der Überhang überhaupt entsteht.
Ein kurzer Austausch mit deinem Nachbarn ist meist der einfachste Weg zu einer friedlichen Lösung.
Was tun bei Streit
Wenn sich keine Einigung finden lässt, bieten viele Gemeinden Schlichtungsstellen oder Nachbarschaftsämter an. Dort kann man kostenlos oder günstig vermitteln lassen.
Erst wenn auch das nicht hilft, ist eine rechtliche Klärung durch das Amtsgericht möglich – doch das sollte immer der letzte Schritt sein.
Fazit
Ein gepflegter Garten endet nicht am Zaun, sondern fängt dort mit Respekt an. Wer seine Pflanzen regelmäßig schneidet und Rücksicht auf den Nachbarn nimmt, erspart sich Ärger und juristische Schritte.
Das Wissen um Rechte und Pflichten beim Überhangschneiden schafft Klarheit – und sorgt dafür, dass aus Nachbarn keine Gegner werden. So bleibt der Garten ein Ort der Ruhe, des Grüns und des guten Miteinanders.