Der Igel (Erinaceus europaeus) ist ein unverzichtbarer Schädlingsbekämpfer und ein Barometer für die Gesundheit unserer Gärten. Doch der kleine Stachelritter kämpft ums Überleben: Gegen den Verlust seines Habitats, den modernen Mähroboter und chemische Gifte. Wir zeigen dir, wie du aus deinem Garten eine lebensrettende Oase machst, wann ein Igel Hilfe braucht und wie du ihn im Spätherbst richtig auf den Winterschlaf vorbereitest.
Igel sind nachtaktive Einzelgänger, die sich von Insekten, Larven und Würmern ernähren. Ihre Anwesenheit bedeutet, dass dein Ökosystem funktioniert. Leider ist das Überleben der Igel in den letzten Jahrzehnten immer schwieriger geworden. Versiegelte Flächen, monotone Gärten und die Nutzung von Pestiziden entziehen ihnen Nahrung und Verstecke.
Dein Garten, egal ob klein oder groß, kann ein wichtiger Zufluchtsort sein. Dieser umfassende Ratgeber liefert dir die Experten-Tipps zur Gefahrenabwehr, zur richtigen Fütterung und zur Schaffung sicherer Winterquartiere – damit dein kleiner Gartenheld gesund bleibt und dir weiterhin bei der natürlichen Schädlingskontrolle hilft.
I. Die größten Gefahren im modernen Garten vermeiden
Die meisten Verletzungen und Todesfälle bei Igeln sind auf menschliche Handlungen zurückzuführen, die aus Unwissenheit geschehen. Hier sind die kritischsten Gefahrenquellen.
1. Todesfalle Mähroboter und Rasenmäher
Igel haben eine natürliche Schutzreaktion: Sie rollen sich bei Gefahr zusammen und bleiben liegen. Dies macht sie zu leichten Opfern für Rasenmäher und Mähroboter.
- Mähroboter-Regel: Betreibe Mähroboter ausschließlich tagsüber (zwischen 8 und 18 Uhr). Igel sind nachtaktiv und suchen tagsüber Schutz in hohen Gräsern oder unter Büschen.
- Manuelle Geräte: Überprüfe vor dem Mähen oder Freischneiden von Randbereichen und unter Hecken die Fläche sorgfältig auf schlafende Igel.
2. Teiche, Pools und Lichtschächte
- Pools und Teiche: Igel sind gute Schwimmer, aber sie ertrinken, wenn sie die steilen Wände von Pools oder Gartenteichen nicht verlassen können. Installiere eine Ausstiegsrampe (z. B. ein schräges Brett oder Maschendraht) am Ufer.
- Kellerabgänge/Lichtschächte: Decke diese Fallen ab oder bringe eine einfache Rampe an, damit hineingefallene Igel entkommen können.
3. Chemie und Gift
Pestizide und Unkrautvernichter töten nicht nur die Nahrung der Igel, sie können sie auch indirekt vergiften.
- Schneckenkorn: Verzichte unbedingt auf Schneckenkorn mit Metaldehyd! Wenn Igel die vergifteten Schnecken fressen, nehmen sie das Gift auf. Verwende wenn nötig nur Präparate auf Eisen-III-Phosphat-Basis.
- Insektizide: Wenn du Insektizide einsetzt, reduzierst du das Nahrungsangebot des Igels drastisch. Der Verzicht auf Gifte ist der beste Igelschutz.
II. Die igelfreundliche Gartengestaltung
Ein Garten, der Igel anzieht, ist ein artenreicher, naturnaher Garten. Igel benötigen drei Dinge: Nahrung, Wasser und Unterschlupf.
1. Unterschlupf und Winterquartier
Igel brauchen geschützte, ruhige Orte für den Tagschlaf im Sommer und für den überlebenswichtigen Winterschlaf.
- Laub- und Reisighaufen: Lasse eine unaufgeräumte Ecke im Garten zu. Ein großer Haufen aus Laub, Ästen und etwas Grasschnitt bietet den perfekten, natürlichen Schutzraum. Wichtig: Räume diese Haufen im Herbst nicht weg!
- Igelhäuser: Du kannst im Handel spezielle Igelhäuser erwerben oder diese selbst bauen (Kiste mit einem Labyrinth-Eingang von 10 x 10 cm). Platziere diese Häuser an einem ruhigen, schattigen Ort und bedecke sie mit Laub, damit sie trocken und isoliert bleiben.
2. Wasser und Zugänglichkeit
- Trinkwasser: Stelle immer eine flache Schale mit frischem Wasser bereit, besonders an heißen Tagen. Erneuere das Wasser täglich.
- Igel-Pässe: Igel sind Wanderer (bis zu 3 km pro Nacht). Deine Zäune dürfen keine unüberwindbaren Barrieren sein. Schaffe an der Basis deiner Zäune kleine Öffnungen (ca. 10 x 10 cm), damit die Tiere ungehindert zwischen den Gärten wechseln können.
III. Die korrekte Zufütterung: Was, wann und wie viel?
Grundsätzlich finden gesunde Igel in einem naturnahen Garten genug Nahrung. Gezielte Zufütterung ist jedoch im Spätherbst oder bei Krankheit notwendig.
Was gehört in den Napf – und was nicht?
Igel sind Fleischfresser und benötigen Proteine und Fette.
- Perfekte Nahrung:
- Katzen-Nassfutter: Achte auf hochwertiges Futter ohne Getreide, Zucker und unbedingt ohne Fisch. Igel vertragen Fisch nur schlecht.
- Rührei: Gut durchgegartes, ungesalzenes Rührei ist ein willkommener Snack.
- Gekochtes, ungewürztes Geflügel oder Hackfleisch.
- Was ist tabu?
- MILCH: Milch führt zu schweren Verdauungsstörungen und Dehydrierung. Niemals Milch geben!
- Obst und Gemüse: Igel sind keine Vegetarier.
- Essensreste: Gewürzte oder gesalzene Speisen sind schädlich.
Zufütterung im Spätherbst: Das kritische Überwinterungsgewicht
Der wichtigste Zeitpunkt für die Zufütterung ist der Herbst (September bis Mitte November). Die Igel müssen sich vor dem Winterschlaf ausreichende Fettreserven anfressen.
- Die goldene Regel: Ein Igel, der Mitte November weniger als 500 Gramm wiegt, wird den Winterschlaf wahrscheinlich nicht überleben und braucht menschliche Hilfe.
- Wiegen und Kontrollieren: Biete ab September regelmäßig Futter an. Solltest du einen Igel im späten November sehen, der deutlich untergewichtig erscheint, wende dich an eine Igelstation oder einen Wildtierarzt.
IV. Soforthilfe: Wann der Igel wirklich in Not ist
Ein Igel, der tagsüber aktiv ist, ist nicht zwingend in Not, aber es ist ein Warnzeichen.
Eindeutige Notfälle
In diesen Fällen muss sofort gehandelt werden:
- Verletzungen: Offensichtliche Wunden, Blutungen oder Lahmheit.
- Apathie: Der Igel reagiert kaum, rollt sich nicht mehr zusammen oder liegt apathisch herum.
- Unterkühlung: Der Igel fühlt sich kalt an.
- Hilflose Jungtiere: Kätzchen, die tagsüber ohne Mutter unterwegs sind (oftmals Ende August/Anfang September).
Die erste Hilfe
- Sichern: Nimm den Igel vorsichtig mit einem dicken Handschuh oder einem Handtuch auf und setze ihn in eine hohe Pappkiste mit zerknülltem Zeitungspapier.
- Wärme: Platziere eine lauwarme Wärmflasche unter die Kiste (nicht direkt unter den Igel, damit er ausweichen kann). Wärme ist bei Unterkühlung lebensrettend.
- Flüssigkeit: Gib ihm nur frisches Wasser. Kein Futter, bevor er warm ist.
- Experten kontaktieren: Kontaktiere umgehend eine lokale Igelstation, den Tierschutzverein oder einen auf Wildtiere spezialisierten Tierarzt.
Fazit: Dein Beitrag zum Artenschutz
Igel sind wahre Gartenhelden. Sie fressen die Schädlinge, die unsere Pflanzen bedrohen, und sind ein unschätzbarer Teil der heimischen Fauna.
Mit dem Verzicht auf chemische Gifte, der Schaffung einfacher Verstecke (Laubhaufen) und dem Bewusstsein für die Gefahren durch Mähroboter leistest du einen direkten und wichtigen Beitrag zum Artenschutz. Dein Garten wird so zu einem sicheren, lebendigen Ökosystem, das Igeln und dir selbst Freude bereitet.