Es gibt Gartenmomente, die sind unbezahlbar: das Rascheln im Laubhaufen, ein kleines Schnaufen, und plötzlich erscheint er – der Igel. Rund, neugierig, tapfer und doch verletzlich. Kaum ein Wildtier berührt uns so sehr wie dieses stachelige Wesen, das sich Jahr für Jahr durch unsere Gärten bewegt. Doch was viele nicht wissen: Der Igel kämpft. Moderne Gärten, versiegelte Flächen und saubere Rasenlandschaften erschweren ihm das Überleben.
Die gute Nachricht? Jeder von uns kann helfen. Ein igelfreundlicher Garten, die richtige Fütterung und ein sicherer Ort für den Igel Winterschlaf können lebensrettend sein. Und erstaunlich oft sind es kleine Veränderungen, die Großes bewirken.
In diesem Artikel erfährst du, wie du deinen Garten in einen sicheren Rückzugsort verwandelst, wann du einen Igel richtig füttern darfst – und wann nicht – und welche Bedingungen er braucht, um gut durch den Winter zu kommen. Ein praktischer, inspirierender Leitfaden für alle, die dem kleinen Gartenhelfer eine echte Chance geben wollen.
Warum der Igel unsere Hilfe braucht
Igel gehören zu den ältesten Säugetieren Europas – und doch sind sie heute in vielerlei Hinsicht bedroht. Ihre natürlichen Lebensräume schwinden, Straßen zerschneiden ihre Wege, und viele Gärten bieten kaum noch Nahrung oder Unterschlupf.
Die größten Herausforderungen für Igel
- perfekt aufgeräumte Gärten mit wenig Struktur
- Mangel an Insekten durch Pestizide
- geschlossene Gartenzäune ohne Durchlässe
- Laubsauger und Mähroboter
- warme Winter, die den natürlichen Rhythmus stören
Dabei ist der Igel ein wertvoller Verbündeter im Garten: Er frisst Schnecken, Käfer und Larven und trägt so zu einem gesunden Ökosystem bei.
Ein igelfreundlicher Garten: Das Fundament jeder Igelhilfe
Ein igelfreundlicher Garten ist kein Projekt für Experten, sondern ein Zusammenspiel aus bewusstem Weglassen, kleinen Rückzugsorten und natürlicher Vielfalt.
Was ein igelfreundlicher Garten unbedingt braucht
- Verstecke und Unterschlupfmöglichkeiten
- Laub- und Totholzecken
- naturnahe Bereiche mit Büschen und Stauden
- Wasserstellen
- Durchgänge zu Nachbargärten
- Verzicht auf Gifte und Schneckenkorn
Ein Garten muss nicht perfekt aussehen, um perfekt für Tiere zu sein. Im Gegenteil: Die sogenannten “wilden Ecken” machen ihn lebendig und geben Igeln Schutz vor Fressfeinden.
Der wichtigste Schritt: Igelautobahnen schaffen
Igel wandern jede Nacht mehrere Kilometer. Geschlossene Zäune sind für sie unüberwindbare Mauern.
Lösung: kleine Öffnungen von ca. 12 × 12 cm.
Tipp: Mit Nachbarn absprechen! Eine ganze Straße aus igelfreundlichen Gärten schafft ein wahres Paradies.
Ein Zuhause für den Igel: Schlafplatz, Nest und Rückzug
Igel brauchen unterschiedliche Rückzugsorte: Sommerquartiere, Tagesverstecke und feste Nester für den Winterschlaf.
Die besten Verstecke im Garten
- Laubhaufen (unbedingt liegen lassen)
- dichtes Gestrüpp
- Haufen aus Ästen und Zweigen
- Hohlräume unter Terrassen
- Igelhäuser (Holz, wetterfest, ohne Boden)
Ein einfacher, natürlicher Laubhaufen ist häufig schon alles, was ein Igel braucht. Wichtig ist, ihn nicht umzusetzen – Laub ist für Igel wie eine Matratze und Wärmedecke zugleich.
So baust du ein ideales Igelhaus
Ein Igelhaus ist besonders hilfreich in Gärten, die wenig Verstecke bieten.
Achte auf:
- stabilen Eingangskanal
- dunkle, trockene Kammer
- regendichtes Dach
- Laub im Innenraum
Bonus: Platziere es windgeschützt, unter Sträuchern oder hinter einer Hecke.
Igel richtig füttern – aber nur dann, wenn es nötig ist
Viele Menschen wollen helfen und fragen sich: Darf man Igel füttern? Und womit?
Die Grundregel lautet: Ein gesunder Igel im Sommer und Herbst sollte nicht gefüttert werden. Die Fütterung ist nur sinnvoll, wenn Nahrung knapp ist oder wenn ein Jungtier untergewichtig ist.
Wann Igel richtig füttern erlaubt ist
- im Herbst: Jungtiere unter 500 g
- bei Frost im frühen Winter, wenn Igel noch aktiv sind
- bei Dürreperioden, wenn kaum Insekten vorhanden sind
- bei kranken oder sehr schwachen Tieren
Wichtig: Kranke Tiere gehören immer in professionelle Hände (Tierarzt oder Wildtierstation).
Was Igel essen dürfen – und was nicht
Geeignetes Futter:
- hochwertiges Katzenfutter (nass oder trocken)
- ungewürztes Rührei
- Insektenfutter
- Mehlwürmer in kleinen Mengen
- Wasser (immer, immer, immer!)
Absolut tabu:
- Milch (führt zu Durchfall und Dehydrierung)
- Obst
- Nüsse
- Gewürze
- Brot
Wer einem Igel etwas Gutes tun möchte, stellt ihm eine flache Wasserschale hin – besonders im Sommer. Wasser rettet mehr Igel als Futter.
Igel Winterschlaf: Was du unbedingt beachten musst
Der Winterschlaf ist die kritischste Zeit im Igeljahr. Zwischen November und April reduziert der Igel seine Körperfunktionen auf ein Minimum. Herzschlag, Atemfrequenz, Temperatur – alles fährt herunter, um Energie zu sparen.
Ein sicherer Winterschlafplatz ist überlebenswichtig
Igel benötigen:
- trockene, geschützte Nester
- genug isolierendes Material
- Ruhe vor Lärm und Haustieren
- keine Gefahr durch Geräte (Laubsauger!)
Wer den Garten kurz vor dem Herbst „aufräumt“, zerstört oft unwissentlich ein Igelnest. Deshalb: Laubhaufen liegen lassen, Stauden bis zum Frühling stehen lassen, keine wilden Herbstaktionen.
Wie du Winterschlafstörungen vermeidest
- Mähroboter ab September nicht mehr nachts fahren lassen
- keine Feuerstellen in der Nähe von Laubhaufen
- Kompost vor dem Umsetzen kontrollieren
- Laubbläser nur mit Vorsicht einsetzen
Jede Störung kostet wertvolle Energie, die Igel im Winter nicht ersetzen können.
Natürlich helfen: Wasser, Nahrungspflanzen und ein lebendiger Garten
Ein gesundes Ökosystem ist die beste Igelhilfe überhaupt. Je mehr Insekten es gibt, desto weniger müssen Igel auf Nothilfe angewiesen sein.
So stärkst du die natürliche Nahrung
- heimische Stauden pflanzen
- Kräuterbeete anlegen
- auf Pestizide verzichten
- Kompost zur Bodenverbesserung nutzen
- Stein- und Totholzhaufen stehen lassen
Diese Maßnahmen erhöhen das Insektenangebot – die Hauptnahrung des Igels.
Wasserstellen einrichten
Eine flache Schale reicht aus, aber:
- täglich reinigen
- keine tiefen Gefäße
- sonnengeschützt aufstellen
Besonders in trockenen Sommern finden viele Wildtiere kaum noch Trinkwasser.
Was tun, wenn du einen hilfsbedürftigen Igel findest?
Nicht jeder Igel, der tagsüber unterwegs ist, ist automatisch krank – aber oft ist es ein Warnsignal.
Zeichen für einen hilfsbedürftigen Igel
- tagsüber aktiv
- wirkt apathisch
- rollt sich nicht zusammen
- Untergewicht (unter 500 g im Oktober/November)
- humpelt oder hat auffällige Wunden
Wenn du unsicher bist: immer eine Wildtierstation oder einen Tierarzt kontaktieren. Sie können schnell einschätzen, was der Igel braucht.
Warum ein igelfreundlicher Garten uns alle bereichert
Es ist ein Gefühl, das viele Gartenbesitzer kennen: Dieses kleine Glück, wenn ein Igel durch den Garten schnauft. Wenn man weiß, dass man einem Wildtier Schutz, Nahrung und Überlebenschancen bietet, bekommt der Garten eine neue Dimension. Er ist nicht mehr nur ein Ort für uns – er wird zu einem Lebensraum.
Ein igelfreundlicher Garten ist ein Ort, an dem Natur und Mensch sich begegnen. Ein Ort, der zeigt, dass kleine Veränderungen große Wirkung haben. Ein Ort, an dem ein Tier, das seit Millionen Jahren existiert, auch in Zukunft ein Zuhause findet.
Fazit: Jeder Garten kann ein Lebensretter sein
Der Igel braucht uns – und wir können ihm helfen. Mit Rücksicht, mit ein wenig Wissen und mit einem Garten, der mehr erlaubt, als er verbietet.
Wenn du Laub liegen lässt, Wasser anbietest, Durchgänge schaffst und weißt, wann du einen Igel richtig füttern darfst, dann veränderst du etwas. Dann sorgst du dafür, dass dieser kleine, tapfere Gartenbewohner weiterhin durch unsere Gärten schnauft, sich dreht, pusten lässt und uns mit seiner Präsenz ein Lächeln schenkt.
Dein Garten muss nicht perfekt sein. Er muss nur lebendig sein.