Wenn im Herbst die Bäume ihr Laub verlieren, greifen viele Gärtner sofort zum Rechen. Doch wer jedes Blatt entfernt, raubt unzähligen Insektenarten ihren wichtigsten Lebensraum im Winter. Laub, Totholz und Pflanzenreste sind natürliche Winterquartiere, die wertvollen Schutz bieten, den kein Insektenhotel ersetzen kann.
Gerade in Zeiten des Insektenrückgangs ist es wichtiger denn je, den Garten im Herbst nicht zu „aufräumen“, sondern bewusst etwas wilder zu lassen.
Dieser Artikel erklärt, warum Laub liegen lassen so hilfreich ist, wie Insekten überwintern und welche einfachen Maßnahmen deinen Garten in ein echtes Schutzgebiet verwandeln.
Warum Insekten Laub zum Überwintern brauchen
Viele Insektenarten, darunter Marienkäfer, Schmetterlinge, Laufkäfer oder Spinnen, verbringen die kalte Jahreszeit in einem Ruhestadium. Sie suchen geschützte, frostfreie Orte, in denen sie über Monate unbewegt bleiben können.
Das trockene Laub bildet dabei eine natürliche Isolationsschicht – ähnlich wie eine warme Decke. Zwischen den Blättern entsteht ein stabiles Mikroklima, das Temperaturschwankungen abfedert und Feuchtigkeit speichert.
Unter dieser Laubschicht herrscht auch bei Frost oft noch eine Temperatur von wenigen Grad über null – entscheidend für das Überleben vieler Arten.
Ein kahler, aufgeräumter Garten hingegen bietet kaum Rückzugsorte. Ohne Schutz erfrieren viele Tiere oder fallen Fressfeinden zum Opfer.
Überwinterungsstadien der Insekten
Insekten haben faszinierende Strategien entwickelt, um den Winter zu überstehen. Ihre Überwinterungsstadien unterscheiden sich je nach Art – manche überdauern als Ei, andere als Larve, Puppe oder erwachsenes Tier.
- Marienkäfer, Florfliegen und Ohrwürmer suchen trockene Laub- oder Rindenspalten auf, wo sie als ausgewachsene Tiere überwintern.
- Schmetterlinge wie der Zitronenfalter überstehen den Frost in versteckten Ecken zwischen Blättern oder in alten Mauerritzen.
- Wildbienenlarven verbleiben in ihren Brutröhren, geschützt von Pflanzenstängeln oder Totholz.
- Käferlarven und viele Bodeninsekten überdauern im Laub- und Wurzelbereich, wo sie vor Wind und Kälte sicher sind.
Diese Vielfalt zeigt: Ein naturnaher Garten ist die beste Überlebenshilfe – und Laub spielt darin eine Schlüsselrolle.
Totholzhaufen – mehr als nur Gartenabfall
Neben Laub sind Totholzhaufen ein weiterer zentraler Rückzugsort. Abgestorbene Äste, Zweige und Holzstücke bieten Hohlräume, Ritzen und feuchte Bereiche – ideale Bedingungen für zahlreiche Insektenarten.
Die Bedeutung von Totholzhaufen wird oft unterschätzt: Sie dienen nicht nur als Winterquartier, sondern auch als Brutplatz im Frühjahr.
In den inneren Bereichen entsteht eine leicht erhöhte Temperatur, während die äußeren Schichten vor Wind schützen. Gleichzeitig siedeln sich Pilze, Moos und Mikroorganismen an, die das Holz langsam zersetzen – ein wichtiger Bestandteil des natürlichen Kreislaufs.
Ein gut platzierter Totholzhaufen kann über Jahre bestehen bleiben und wird von Jahr zu Jahr wertvoller.
So legst du einen Totholzhaufen richtig an
- Sammle verschiedene Aststärken und schichte sie locker, damit Luft zirkulieren kann.
- Lege den Haufen halbsonnig und windgeschützt an – zum Beispiel am Rand des Gartens oder unter einem Strauch.
- Bedecke ihn teilweise mit Laub oder Reisig, um zusätzliche Isolation zu schaffen.
So entsteht ein vielseitiger Lebensraum, der Käfern, Bienen, Schmetterlingen und Spinnen gleichermaßen zugutekommt.
Laub als natürliche Isolation gegen Bodenfrost
Ein weiterer wichtiger Vorteil von liegengebliebenem Laub ist der Schutz vor Bodenfrost.
In offenen Böden ohne Abdeckung friert die obere Erdschicht schnell durch. Dadurch können Larven, Puppen oder überwinternde Insekten, die knapp unter der Oberfläche ruhen, erfrieren.
Eine dicke Laubschicht hingegen wirkt wie eine natürliche Isolierung. Sie hält die Bodentemperatur konstanter und verhindert, dass Frost tief eindringt.
Das ist nicht nur für Insekten entscheidend, sondern auch für Bodentiere wie Regenwürmer oder Asseln, die für die Bodenfruchtbarkeit wichtig sind.
Tipp: Laub aus Obstbäumen, Linde oder Ahorn eignet sich besonders gut. Es verrottet langsam und bildet eine stabile Schutzdecke.
Laub von Walnuss oder Eiche enthält hingegen viele Gerbstoffe – es ist besser für Wege oder Randbereiche geeignet.
Das Mikroklima der Laubschicht verstehen
Zwischen Blättern, Stängeln und Zweigen entsteht ein besonderes Mikroklima.
Feuchtigkeit, Temperatur und Luftzirkulation sind hier genau richtig, um unzähligen Kleinstlebewesen ein Überleben zu ermöglichen.
Das Mikroklima einer Laubschicht sorgt nicht nur für Wärme, sondern auch für eine stabile Luftfeuchtigkeit, die das Austrocknen verhindert.
In dieser kleinen Welt leben:
- Springschwänze und Milben, die organisches Material zersetzen
- Käferlarven, die den Boden durchlüften
- Spinnen und Hundertfüßer, die Schädlinge regulieren
Dieses Zusammenspiel bildet die Grundlage eines gesunden Gartenökosystems.
Indem du Laub liegen lässt, förderst du also nicht nur Insekten, sondern auch die gesamte Bodenfauna.
So gestaltest du ein natürliches Winterquartier
Um Insekten durch den Winter zu helfen, braucht es keine großen Maßnahmen – nur etwas Geduld und Zurückhaltung.
Praktische Tipps:
- Laubhaufen anlegen: Sammle Laub an geschützten Stellen, z. B. unter Sträuchern oder in einer Gartenecke.
- Nicht komprimieren: Das Laub sollte locker liegen, damit Luft hindurchströmen kann.
- Nicht zu früh wegräumen: Warte mit dem Entfernen bis Mitte April – viele Insekten sind erst dann wieder aktiv.
- Reisig und Totholz kombinieren: Eine Mischung aus Laub, Zweigen und Rindenstücken bietet ideale Bedingungen.
- Ruhige Lage wählen: Orte ohne häufiges Betreten oder Gartenarbeiten sind am besten geeignet.
Auch auf dem Balkon lässt sich helfen: Eine kleine Kiste mit trockenem Laub oder Bambusröhrchen kann bereits ein wertvolles Miniquartier sein.
Häufige Fehler im Herbst
Viele gut gemeinte Aufräumarbeiten im Herbst haben unbeabsichtigte Folgen. Diese Fehler solltest du vermeiden:
- Rasen komplett vom Laub befreien: Eine dünne Schicht schadet nicht – sie schützt vor Austrocknung.
- Laub absaugen oder verbrennen: Dabei sterben zahllose Insekten und Bodenlebewesen.
- Laub in Säcken entsorgen: Dort fehlt Luftzirkulation, und die Tiere können nicht überleben.
- Zu frühes Umgraben: Viele Insekten verbergen sich knapp unter der Oberfläche und werden dadurch gestört.
Ein naturnaher Garten darf im Winter ruhig unordentlich aussehen – für die Natur ist das Ordnung pur.
Fazit
Laub liegen zu lassen ist eine der einfachsten und zugleich wirkungsvollsten Maßnahmen, um Insekten durch den Winter zu helfen.
Die Laubschicht bietet Isolation gegen Bodenfrost, schafft ein stabiles Mikroklima und schützt Tiere in allen Überwinterungsstadien.
Gemeinsam mit einem Totholzhaufen entsteht ein wertvolles Biotop, das deinen Garten lebendig hält – auch in der kalten Jahreszeit.
Wer Laub, Äste und Pflanzenreste bewusst liegen lässt, leistet aktiven Insektenschutz – ganz ohne Aufwand oder Kosten.
Ein natürlicher Garten ist nicht nur schöner, sondern auch ein wichtiger Rückzugsort für die kleinsten, aber lebenswichtigen Bewohner unserer Umwelt.